Interview für den Newsletter der DEKOM
Marc Böttcher spricht über die vertiefte Zusammenarbeit zwischen Telecomputer und den Mitgesellschaftern KDO Service GmbH und regio iT GmbH, welchen Nutzen Kommunen daraus ziehen können und welchen Beitrag KI dabei leisten kann.
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Zukunftssichere Softwarelösungen im Verkehrsbereich: regio iT und KDO weitere Gesellschafter der Telecomputer GmbH
DEKOM: Welche neuen Entwicklungen oder Erweiterungen der bestehenden Softwarelösungen sind durch diese Kooperation geplant?
Marc Böttcher: Unsere Zusammenarbeit mit regio iT und KDO besteht schon seit vielen Jahren, insbesondere im Bereich des Betriebs von Fachverfahren und Online-Diensten als Cloud- oder SaaS-Lösungen. In den letzten Jahren haben wir bereits gemeinsam Erfahrungen in Entwicklungsprojekten sammeln können. Künftig wollen wir unsere Ressourcen noch enger bündeln, um Fachverfahren und Online-Dienste schneller und in hoher Qualität weiterzuentwickeln und bereitzustellen.
DEKOM: Welche Rolle spielen digitale Lösungen für das kommunale Verkehrswesen?
Marc Böttcher: Online-Dienste werden in den nächsten Jahren noch wichtiger für Bürger und Unternehmen. Das Kfz-Zulassungswesen ist hierbei ein Vorreiter bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Heute ist bereits eine vollautomatisierte Kfz-Zulassung mit sofortiger Inbetriebnahme möglich – ganz ohne Behördengang. Im Dezember 2024 wurden bereits ca. 25 % aller Außerbetriebsetzungen online abgewickelt. Ähnliche Entwicklungen gibt es im Führerscheinwesen, wobei dort noch gesetzliche Grundlagen fehlen. Langfristig werden Kommunalverwaltungen sich verstärkt um die Anliegen kümmern können, die online nicht oder nur bedingt abbildbar sind. Der klassische Behördengang soll zur Ausnahme in komplexen Fällen werden. Dies kann bei einem zunehmenden Fachkräftemangel und der angespannten Finanzlage viele Kommunen spürbar entlasten.
DEKOM: Angesichts der steigenden Zahl an Cyberangriffen auf kommunale Verwaltungen – welche Maßnahmen setzt Telecomputer in Zusammenarbeit mit Partnern um, um den Schutz kommunaler IT-Systeme zu verbessern?
Marc Böttcher: Die IT-Sicherheit ist grundsätzlich eine Aufgabe der Kommunen selbst. Unsere Fachverfahren und Online-Dienste erfüllen erfolgreich die aktuellen Anforderungen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie des Kraftfahrt-Bundesamtes („Mindestsicherheitsanforderungen an die internetbasierte Kfz-Zulassung“). Viele unserer Lösungen laufen in vom KBA sicherheitstechnisch zugelassenen Rechenzentren der AKDB, regio iT und KDO. Wir unterstützen Kommunen zudem kurzfristig bei Cyberangriffen, wie zuletzt bei der Überführung der Fachverfahren für das Verkehrswesen von Kunden der Südwestfalen-IT (SIT) in das Rechenzentrum der regio iT nach dem Angriff auf die SIT. Darüber hinaus arbeiten wir mit Bund und Ländern zusammen, um Cyberangriffe präventiv zu verhindern und Notfallpläne zu entwickeln.
DEKOM: Inwieweit kann künstliche Intelligenz (KI) zur Verbesserung der IT-Sicherheit in Kommunen beitragen?
Marc Böttcher: KI spielt in der IT-Sicherheit eine zunehmend wichtige Rolle, allerdings weniger in den Fachverfahren selbst, sondern mehr in den IT-Abteilungen der Kommunen und Rechenzentren. KI kann helfen, Cyberangriffe frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. In unseren Fachverfahren setzen wir KI ein, um Sachbearbeiter zu unterstützen und manuelle Prozesse teilweise zu automatisieren. Das verkürzt die Einarbeitungszeit neuer Mitarbeiter und hilft, neue gesetzliche Regelungen transparent in den Arbeitsalltag zu integrieren. Zudem werden wir zunehmend KI-gestützte Chatbots in unseren Online-Diensten nutzen, um Bürgern und Unternehmen den Zugang zu sowie die Durchführung von Verwaltungsleistungen zu erleichtern.
DEKOM: Sehen Sie Potenzial für den Einsatz smarter Analyse- und Automatisierungstools in kommunalen Verkehrssystemen?
Marc Böttcher: Absolut. Erste Ansätze sind bereits verfügbar, zum Beispiel bei der Fahrzeugzulassung. Wir kooperieren mit der roosi GmbH, um Kommunen erweiterte Statistik- und Analysemöglichkeiten bereitzustellen. Das umfasst sowohl die Analyse örtlicher Datenbanken als auch bereichsübergreifende Datenauswertungen zwischen verschiedenen Ämtern. Zudem eröffnet das Registermodernisierungsgesetz zukünftig neue Möglichkeiten, die allerdings von der Politik schneller umgesetzt werden müssen. Eine moderne, effiziente Verwaltung braucht smarte Technologien, um Prozesse zu vereinfachen und Abläufe zu beschleunigen.
DEKOM: Welche Herausforderungen sehen Sie bei der digitalen Transformation kommunaler Verwaltungen?
Marc Böttcher: Die Hauptaufgabe der Kommunalverwaltungen ist die Bereitstellung von Dienstleistungen für Bürger – nicht der Betrieb von Fachverfahren oder IT-Infrastrukturen. Deshalb sollten sich Kommunen auf ihre Kernaufgaben konzentrieren und IT-Dienstleistungen in zertifizierte, sicherheitsgeprüfte Rechenzentren auslagern. Die weitere und erfolgreiche Umsetzung des OZG gelingt nur, wenn Fach- und IT-Abteilungen eng zusammenarbeiten. Gleichzeitig sind die immer wieder aufkommenden Bestrebungen, kommunale Aufgaben zu zentralisieren oder auch zu privatisieren– beispielsweise im Kfz-Zulassungswesen – ambivalent zu bewerten. Solche Zentralisierungsbestrebungen gefährden die Bürgernähe, die schnellen Reaktionszeiten der Kommunen zum Wohle der Bürger sowie die IT-technische Abbildbarkeit von länderspezifischen und kommunalen Anforderungen und Regelungen.
DEKOM: Vielen Dank für das Gespräch!